Archiv für das Jahr 2014

Brot aus Böllern für die Welt wird über Dresden und dem Senegal abgeworfen

Dienstag, 30. Dezember 2014

Die meisten Tannenbäume sind entgegen den Empfehlungen der Feuerwehr nicht abgebrannt. Ferner haben wir gerade den großflächigen Einsatz von Glühwein, Schweinebraten und Kirchenliedern überstanden, da steht neues Ungemach ins Haus: landesweite Sprengstoff-Attentate gegen Mitternacht am ausgerechnet letzten Tag des Jahres. Dazu kommen noch gute Vorsätze.

Gott sei Dank lesen und hören wir allerorten, was zu tun ist. Besonders Familien mit vielen Kindern sollten sich schon gegen 23 Uhr in die Luftschutzbunker ihrer Wahl zurückziehen. Humane Tierschützer diskutieren hitzig, ob Katzen, Hunde und Zierfische zuvor eingeschläfert werden müssen, oder ob Ohropax reiche.

Die Sprengstoffexperten im Bundestag warnen vor illegalen Kugelbomben aus Polen. Die könnten Spuren von Haselnüssen enthalten und gelten für deutsche Allergiker als unentzündbar. Hoffnung macht uns die Bürgerinitiative „Handwerk und Dynamit“. Es heißt, daß in dieser Nacht die Bäcker schon lange von Mitternacht aufstehen und aus Böllern Brot für die Welt backen. Das wird über Dresden und dem Senegal abgeworfen, damit die Leute sich dort vornehmen können, im neuen Jahr weniger Glühwein mit Schweinebraten zu essen.

Wahlurnen in Freudenhäusern ziehen Verdrossene an

Sonntag, 28. Dezember 2014

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi findet es unpassend, daß nur noch ein paar Leute zur Wahl gehen. Hält der Trend an, sinkt die Beteiligung in ein paar Jahren auf null Prozent. Das sei undankbar. Wenn man dem Wahlvolk mühsam einen Mindestlohn aufzwingt und das Streikrecht abschafft, kann man doch erwarten, dafür ein paar anerkennende Stimmen zu bekommen.

Doch, was tun? Die Yasmin hat ein paar Vorschläge gemacht. Erstens kann man die Intervalle verlängern. Es reicht aus, den Bundestag alle 40 Jahre wählen zu lassen, und zwar in einem Aufwasch mit der Wahl von Landtagen und Weinköniginnen. Dafür müsse man dem Wähler Zeit geben, zum Beispiel vier Jahre lang. Und zweitens müsse man für die Verdrossenen einige Anreize schaffen.

Man könnte Wahlurnen an attraktiven Orten wie Freudenhäusern aufstellen und Wähler in Sänften dorthin tragen. Denkbar seien auch mobile Wahlkabinen in öffentlichen Bedürfnisanstalten, auf Bahnsteigen und in Christstollen. Eine Wahlbeteiligung deutlich über 50 Prozent wird man erreichen, wenn sich Sondereinsatzkommandos „Wir wählen gerne“ (SEK-WWG) Zugang zu allen Wohnungen des Landes verschafften und explosive Urnen aufstellten, die man nur mit einem Wahlgang entschärfen kann.

Krippen im Guantanamo-Look haben sich als friedensstiftend herausgestellt

Samstag, 27. Dezember 2014

Auch diese Weihnacht konnten wir uns von der Schlagkraft vieler Tips überzeugen, die uns – auch bei großflächigem Einsatz von Punsch, Schweinebraten und frommen Liedern – ein harmonisches Fest bescheren sollten. Wer ein paar einfache Regeln beherzigt hatte, konnte auf den Einsatz von Wasserwerfern, Beugehaft oder Tränengas verzichten.

Die wichtigste Regel: Keine heile Welt vorgaukeln. Dabei haben sich Krippen im Guantanamo-Look als besonders friedensstiftend herausgestellt. Aussagekräftige Details – zuvor gemeinsam angefertigt – wußten zu überzeugen: Drahtkäfige mit Sonnengarantie für die Einzelunterbringung von Maria und Josef, Wasserspiele bei den Gesprächen der Heiligen Drei Könige mit dem Servicepersonal.

Auch schön: Nicht ungefragt irgendwen einladen. Viele Teilnehmer an Weihnachtsfesten fremdeln, wenn sie die Gesichter von Oma, Opa, Kind und Kegel sehen. Am besten sind die Familien gefahren, die in kleinstem Kreis geblieben sind und Lieblinge der Kinder eingeladen hatten: die Ninja-Turtles, Michael Myers oder die Zauberer aus World of Warcraft.

Fast noch wichtiger: heikle Themen aussparen. Wenig zielführend sind Gespräche über die Seitensprünge des Familienoberhauptes oder die Nebenverdienste der Mutter im Rotlichtmilieu. Ebenso kritisch reagieren Kinder, wenn man sie auf Polizeieinsätze infolge ihres Schnapsverzehrs anspricht. Viel ausgewogener verlaufen gerade christliche Feste, wenn man die Lebensgeschichte des Religionsstifters in den Mittelpunkt stellt. Dann legt sich ein großer Friede über die Festgesellschaft, wenn es auf den Kalvarienberg zugeht.

Vorm Abendmahl ein paar Runden auf dem Ring der Nibelungen drehen

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Die „Bildzeitung“, Deutschlands führendes Satiremagazin, hat was rausgekriegt: Der Grünen-Politiker Omid Nouripour schlägt vor, in der Christmette einige Lieder von Mohammedanern zu singen und umgekehrt, sozusagen als Geste der Versöhnung. Sogleich haben Politiker aus der Mitte der Gesellschaft regiert. Weihnachten sei kein „Hochamt für Multikulti“, erklärte Wolfgang Bosbach, Liturgie-Experte der CDU. Auch die evangelische Kirche lehnte empört ab. Mit arabischen Schriftzeichen könne man Kirchgänger nicht auch noch belasten.

Doch hat der Omid nicht Recht? Müssen wir alle uns nicht dem Neuen öffnen? Das sieht die Heavy-Metal-Fraktion im „Bund der deutschen katholischen Jugend“ (BDKJ) auch so und schlägt vor, beim Abendmahl ein Frühwerk von „Black Sabbath“ abzuspielen. Eine 1000-Watt-Anlage auch für größere Kirchen wie den Petersdom könne gestellt werden. Auch die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth möchte sich mit einigen Vorschlägen in die Diskussion einbringen.

Germanische Mythen würden sehr gut zur biblischen Geschichte des Morgenlandes passen. Isolde und Tristan seien Josef und Maria sehr ähnlich, beide seien ein Paar gewesen, in beiden Fällen lief’s nicht so 100prozentig rund. Man könne die Stimmung mit Wagneropern auflockern, indem man vorm Abendmahl ein paar Runden auf dem Ring der Nibelungen dreht.

Früher war alles besser. Früher war mehr Lametta

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Die Weihnachtszeit hat auch schöne Seiten. Wir dürfen immer die gleichen Lieder hören, und zwar auf eigens dafür eingerichteten Weihnachtsmärkten, im Fernsehen und vor allem im Radio. Diese Lieder stammen hauptsächlich von Kinderchören, Bing Crosby oder Helene Fischer. Die Texte sind erprobt, meist vor Testpublikum in Altenheimen.

Auch schön ist der Umstand, daß wir vom 1. bis 24. Dezember keinen Kalender mehr brauchen. Allerorten wird mitgeteilt, welches Datum gerade aktuell ist, unterbrochen von den Sonntagen, die auch noch hochgezählt werden. So etwa 10 Tage vorm Warenfest beginnt der Countdown. Dann zählen Radiomoderatoren die Tage, bis wir endlich Geschenke bekommen. Das beweist, daß sie mehrheitlich den Zahlenraum bis zehn beherrschen.

Heute ist es endlich soweit. Das Verkaufspersonal schleppt sich erschöpft nach Hause und wird bis Silvester in Rehamaßnahmen eingegliedert, Kinder bekommen einen leicht irren Blick, und Hausfrauen und -männer darf man nicht mehr ansprechen. Einige Familien erinnern sich, daß Geiz geil ist – oder war es Jesus? Früher war ohnehin alles besser.  Der große Philosoph Bernhard-Victor Christoph-Carl von Loriot hat das so ausgedrückt: Früher war mehr Lametta.

Die vier Weisen Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil haben Leben in die Bude gebracht

Dienstag, 23. Dezember 2014

Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil klingt nach den vier Musketieren, sind aber die Grundbausteine des Lebens. Das weiß man. Das wissen auch Svatopluk Civiš von der tschechischen Akademie der Wissenschaften und seine Forscher, die uns die Entstehung des Lebens auf diesem Planeten erklären, und zwar in der amerikanischen Zeitschrift „PNAS“. Diese Zeitschrift ist schon so alt, daß die Gründerväter und -mütter die massenhaften Asteroideneinschläge in der Frühzeit der Erde leibhaftig mitbekommen haben.

Diese Einschläge sollen schuld sein an der Entstehung des Lebens. Das ist etwa vier Milliarden Jahre her. Kosmische Geschosse knallten typischerweise mit rund 75.000 Kilometer pro Stunde auf die Erdoberfläche. Da war wohl ordentlich was los. Svatopluk Civiš meint, dabei seien reaktionsfreudige Radikale entstanden. Die gibt es heutzutage kaum noch in freier Wildbahn, die meisten sitzen im Knast.

Die Moleküle früher aber schätzten diese Radikalen und solidarisierten sich mit ihnen. Hatten männliche Moleküle romantische Dates mit Radikalinnen, lagen neun Monate später – so um Weihnachten – junge Musketiere in den Krippen des Westjordanlandes, teils auch im Gazastreifen.

Doch maßgeblich Atomtheologen des Vatikans sehen das sehr kritisch. Gott habe keine reaktionsfreudigen Radikale gebraucht, um Leben auf diesen Planeten zu bringen. Leben, das zuvor mit 75.000 Sachen in der Stunde ins Paradies gekracht sein soll? So ein Quatsch! Er habe vielmehr vier weise Männer geschickt, Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil, die Nukleinbasen und Formamid-Cousinen im Gepäck hatten. So in etwa sei Leben in die Bude gekommen. Vielleicht auch anders.

Schwierige pricing: Google warnt vor jugendlichen Gebäuden in England

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Google fängt nicht ohne Grund mit G wie Gott an. Da haben sich die Gründer Larry Page und Sergey Brin was bei gedacht. Nachdem sie Gottes Schöpfung von oben, unten und der Seite fotografiert haben, arbeitet ihre Forschungsabteilung an einem völlig innovativen Projekt: Ein neues Sonnensystem mit eingebautem W-Lan. Es soll zwischen Beteigeuze und Alpha Centauri angesiedelt werden und einen Fahrstuhl zu Erde bekommen. Scotty übernimmt das Verkehrsministerium.

Doch an Worten beißen sich die Google-Entwickler noch die Zähne aus. Sprachbegabte Linguisten sind überhaupt nicht überrascht. Uta Seewald-Heeg, Professorin für Computerlinguistik an der Hochschule Anhalt, sagt, Maschinen könnten Sprache nie richtig übersetzen, weil sie „sehr komplex ist“. Sollten wir ihr das glauben?

Damit ist Macduff Hughes, Leiter von „Google Translate“, überhaupt nicht einverstanden. Die göttliche Suchmaschine scannt alles ein, was der Mensch jemals geschrieben hat, hat schreiben wollen oder lieber nicht geschrieben hat. Das ist die Grundlage. Und wenn dann ein englischer Satz zu übersetzen ist, der vor jugendlichen Gebäuden warnt, kommt Gott sei Dank das heraus: „Übernachten Sie nicht in einem Studentenwohnheim wohnen, sollten Sie sich im Klaren sein schwierige pricing, beobachten Sie Ihre Wertsachen.“ Ja, nee, ist klar.

Weihnachten in Gefahr. Kinder laufen reihenweise zum Islam über

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Der Streik hat in Deutschland endgültig sein Recht verwehrt. Gottlose Gewerkschafter von „Verdi“, einem musikalischen Arbeitnehmerverein, wollen unseren Kindern das Weihnachtsfest verderben. Allen voran der Dirigent namens Frank Bsirske. Er hat gesungen: Bei Amazon herrschten unterirdische Zustände; der Arbeitsdruck sei hoch, die Löhne schlecht.

Aus diesen Motiven wird der größte Händler der Welt bestreikt. Der Oberhändler Jeff Bezos, vom Gewerkschaftsdachverband IGB als „Chef des Jahres“ gekürt, kann unseren Kindern keine Geschenke mehr in den Kamin werfen. Gott und seine Stellvertreter auf Erden – Nikolaus, Coca-Cola und der Weihnachtsmann – werden sich einmischen. Ihr Plan: Frank Bsirske kommt in die Hölle. Zuvor muß er sich umbenennen. Auch der Teufel kann seinen Namen nicht aussprechen.

Maßgeblichen Streiktheologen im Vatikan geht das nicht weit genug. Bei einer Klausurtagung mit der CSU in Wildbad Kreuth fordern sie den unerschrockenen Horst Seehofer auf, sich einzumischen. Das Grundgesetz müsse umgeschrieben werden. Streiken dürften nur noch Arbeitgeber. Damit sei sichergestellt, daß Weihnachtsfeste künftig reibungslos ablaufen würden und unsere Kinder nicht mehr reihenweise zum Islam überlaufen.

Wahlbedrohte Politiker fordern sofortige Ausweisung krimineller Kanadagänse

Freitag, 12. Dezember 2014

Endlich. Geflügeltheologen hatten schon rumgenölt: Es geht auf Weihnachten zu, und wir haben immer noch keine handfeste Pandemie, oder mindestens eine Epidemie. Doch die Impfstoffindustrie kann aufatmen: Vogelgrippe ist auf dem Vormarsch. Besorgte Behörden haben ein nächtliches Ausgehverbot für jugendliche Hühner unter 16 ausgerufen, eine Stallpflicht sozusagen.

Betroffen sind die Uckermark, Holland, der Norden von Leipzig und Teile der Seychellen. Auch der Rest von Ostdeutschland hofft auf eine strenge Stallpflicht für Trutfasane, Perlwachteln, Weihnachtsgänse und Ostereier. Doch wer hat uns das angetan? Dürfen wir auch noch mit der Schweinepest rechnen. Oder mit dem gefürchteten Rinderheuschnupfen?

Es ist immer das gleiche. Im Winter fallen vagabundierende Wildvögel über Rügen her, meist aus Rumänien oder Bulgarien, plündern die Sozialkassen, essen unsere Kinder auf, nehmen uns die Arbeit weg und viel schlimmer: stecken das Mastgeflügel mit allerlei schlimmen Keimen oder sogar Viren an. Wahlbedrohte Politiker fordern aufs Entschiedenste eine Kontaktsperre für Zugvögel und die sofortige Ausweisung krimineller Kanadagänse. Kommt die Entwarnung für Weihnachtsenten noch vor Heiligabend?

Taucheranzüge und Kopfbedeckungen für Schweißer passen nicht ins moderne Frauenbild

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Bei der CDU hat sich die Anspannung gelöst. Angela Merkel wurde auf dem Parteitag mit 96,7 Prozent zum achten Mal zur Vorsitzenden gewählt. Ihre Stellvertreterin Julia Klöckner bekam 96,5 Prozent. Es war eine hitzige Kampfwahl mit ganz knappem Ausgang. Nur Erich Honecker, von seinen Fans Honni genannt, mußte bei seiner letzten Wiederwahl ähnlich bangen. Wahl-Analysten sprechen von einem „eindrucksvollen Votum“ und von einer „breiten Zustimmung“.

Die Spitzenfrauen der Christdemokraten gaben sich danach kämpferisch. Angela Merkel sprach von einem roten Gespenst, das in Deutschland umgehe, Ramelow heiße und auch noch auf den Namen Bodo höre. Die Sozis seien Verräter, ähnlich wie Judas Ischariot, der den Herrn in die Pfanne gehauen hat. Mit so was wolle die CDU nichts zu tun haben. Die Grünen seien ihre Wunschpartner und die FDP, das Zentrum, die Deutsche Demokratische Partei (DDP), die Deutsche Volkspartei (DVP) und UPS.

Julia Klöckner, deren Vorfahren wahrscheinlich den Turm von Notre Dame bewohnt haben, hat sich für das neue Modeministerium empfohlen. Sie möchte die Burka, ein Ganzkörperschutzanzug, verbieten. Das passe nicht ins moderne Frauenbild. Vollverschleierung steht nicht für eine offene Gesellschaft. Das gilt auch für Taucheranzüge, Astronautenkleidung, Kopfbedeckungen für Schweißer und das Phantom der Oper.