Archiv für den Monat Mai 2014

Alle Internetnutzer bekommen einen Mitleser zur Seite gestellt

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist von Haus aus neugierig. Er hat jetzt entdeckt, daß es sogenannte soziale Netzwerke gibt wie Facebook oder Twitter. Das ist dem BND nicht geheuer. Er will wissen, was da so passiert und investiert 300 Millionen Dollar in die Überwachung. Das sei bei weitem nicht genug, befürchten geheime Experten.

Denn die Aufgabe des BND ist groß, berichten Leitmedien wie die „Süddeutsche Zeitung“: Er will sich ein genaues Bild machen über die Lage im Ausland. Dafür braucht man Metadaten. Andere Geheimdienste hätten die schon und seien deswegen weiter.

Unser Nachrichtendienst befürchtet, in die Agenten-Kreisklasse abzusteigen, wo er sich mit schlapphütigen Trenchcoatträgern aus Dschibuti, Island oder Belgien herumschlagen muß. Und es geht um Cyber-Attacken. Das hat nichts mit dem Verlust von Speichel zu tun.

Damit deutsche Geheimagenten die Lizenz für die internationale 007-Liga behalten, haben unsere Politiker gerne Steuergelder bereitgestellt. Gute Laune ist angebracht, denn der Bundesrechnungshof rechnet mit viel mehr. Nach vorsichtigen Schätzungen sind 300 Billionen Euro nötig, um herauszubekommen, was die Deutschen twittern, bloggen verfacebooken und so weiter. An Metadaten heranzukommen, ist eben nicht so einfach.

Nach einer relevanten Umfrage in diesem Monat verbringt statistisch ein Deutscher zwischen 3 und 107 Jahren dreizehn Stunden vor einem Bildschirm, acht davon vor dem Fernseher und elf vor dem Computer. Da bleibt viel Zeit, alles Mögliche ins Internet zu schreiben. Da steht es dann und will gedeutet werden. Und das ist das Problem.

Deutsche Internetnutzer produzieren so viel Text, daß einer alleine ihn nicht überschauen kann. Da alle Deutschen im Internet sind, wirbt der BND im Ausland rund 80 Millionen Gastleser an. Das Ziel ist, jedem Deutschen einen Mitleser zu Seite zu stellen. Vor allem einsame, meist alte Leute freut das. Sie sitzen dann nicht mehr so alleine vorm Bildschirm.

Wenn alle Staaten beiträten, läge die Wahlbeteiligung bei 103 Prozent

Giovanni di Lorenzo, der Chefredakteur der „Zeit“, hat zweimal gewählt: einmal als Italiener und einmal als Deutscher. Dazu haben ihn zwei Wahlberechtigungen angeregt. Giovanni ist davon ausgegangen, daß Leute seines Schlages mehr Rechte haben als gemeine Bürger.

Das hat der „Alternativen für Deutschland“ (AfD) nicht gefallen. Sie hat Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt auf eine Spur gebracht. Die ermitteln nun wegen Wahlbetrugs. Staatsfeinde und andere Kriminelle müssen warten.

Es konnte aber auch keiner ahnen, daß ein Unionsbürger seine Rechte derart in Anspruch nimmt. Leute mit mehreren Staatsangehörigkeiten haben eben einen Vorteil an der Urne. In Brüssel denkt man zur Zeit darüber nach, ob man mit einem neuen Modell der europaweiten Wahlmüdigkeit entgegenwirken könnte. Am Sonntag hatten von 720 Millionen Europäern nur 3163 über die Zusammensetzung des EU-Parlaments abgestimmt, darunter 60 Prozent der EU-Abgeordneten. Das ist eindeutig zu wenig.

Juristen loten Möglichkeiten aus, wie man den Weg nicht nur doppelten Staatsangehörigkeit erleichtern kann, sondern auch zur dreifachen, vierfachen, ja bis zur 28fachen. So viele Staaten umfaßt die EU. Es werden täglich mehr. Island,
Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei stehen ganz oben auf der Beitrittsliste, die restlichen 160 Staaten dieses Erdballs haben bereits Anträge gestellt mit Ausnahme von Belize und den Komoren. Auch Planeten anderer Sternsysteme sind interessiert.

Das läßt hoffen. Es macht nämlich keinen guten Eindruck, wenn die schönen Gesetzesvorlagen von Politikern durchgewunken werden, die keiner gewählt hat. Wer ist denn dann hinterher schuld, wenn uns nach dem Verzehr von Gen-Mais und Chlor-Hühnchen eigenartige Pusteln wachsen? Langwierige Prozesse um Schadensersatz will keiner haben.

Zu verhindern wäre das, wenn alle EU-Bürger möglichst viele EU-Staatsangehörigkeiten annähmen. Man könnte den Weg dahin mit Prämien erleichtern: 100 Euro für eine weitere Staatsangehörigkeit, 1000 für 10 und einen Extrabonus für den, der gleich alle annimmt. Wer 28 Wahlbenachrichtigungen ins Haus kriegt, der wählt, was das Zeug hält.

Geradezu in astronomische Höhen wird die Wahlbeteiligung emporschnellen, wenn alle Staaten der Erde und der befreundeten Planeten in die EU einträten. Nach vorsichtigen Prognosen käme man dann auf eine Wahlbeteiligung von 103 Prozent.

Bei der WM in Brasilien werden an den Auslinien 16 Dixi-Klos aufgestellt

Kevin Großkreutz, ein Fußballnationalspieler, hat in Berlin in einer Hotellobby Wasser gelassen. Er war etwas betrunken und hat den Weg zum Klo nicht gefunden. Das kann schon mal passieren. Der Fußballer gab hinterher zu, daß seine Tat eine große Niederlage gewesen sei. Zu Hause würde er es immer bis zum Urinal schaffen. Joachim Löw, unser Bundestrainer, hat nun noch mehr Sorgen. Sein Führerschein ist weg, und jetzt das!

Was ist, wenn der Kevin bei der Weltmeisterschaft in Brasilien den Platz nicht findet? Druck auf der Blase löst bei ihm offenbar Orientierungsstörungen aus. Womöglich steigt er schon ins falsche Flugzeug und landet in Katar. Dort ist man sehr sittsam. Fußballfans mögen sich gar nicht ausmalen, was nach einer Pinkelaffäre dort alles passieren kann. Wahrscheinlich würde Großkreutz, zumal mit einem christlichen Nachnamen versehen, angekettet und müßte mithelfen, die Stadien für die Fußball-WM 2022 zu bauen.

Doch da hören die Sorgen nicht auf: Was, wenn er beim Spiel auch nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist? Schießt er etwa aufs falsche Tor? In seiner Sorge hat der Bundestrainer vorgeschlagen, an den Auslinien 16 Dixi-Klos aufzustellen, damit Kevin schnell mal austreten kann und nicht den brasilianischen Rasen ruinieren muß.

Doch Sportpsychologen des Deutschen Fußballbundes (DFB) konnten Herrn Löw nach der öffentlichen Reue von Kevin beruhigen. Das Spontanpinkeln sei eine einmalige Sache gewesen. Und wenn alle Dämme brechen, müsse der Bundestrainer den Großkreutz eben selber mit dem Auto zur nächsten Bedürfnisanstalt fahren. Das ist ein nationaler Notstand.

Der Bundesverkehrsminister läßt gerade prüfen, ob man in Flensburg Bonuspunkte für staatstragende Pinkelfahrten vergeben kann. Dann bekäme Joachim Löw seine Fleppe schneller wieder.

Gesetze werden bei Giovanni an der Rue Wiertz 60 geschrieben

Alle sind entsetzt: Parteien, die gegen Europa sind, haben eine knappe Dreidrittelmehrheit bekommen. Die Wähler haben einfach nicht gemerkt, daß Parteien, die Europa abschaffen wollen, gar nicht zur Wahl zugelassen waren. Aber das macht nichts.

Der Europäische Unternehmerverband (EVB) tröstet alle Enttäuschten, Beladenen und Verwaisten. Man werde die Europafeinde in Brüssel schon beschäftigen. Es gibt noch eine ganze Menge zu tun, vieles liegt brach.

Beispielsweise ist noch völlig unklar, auf welcher Höhe der Flugkorridor für die einbeinige Scharnier-Ente liegen soll: 1 Meter? 10? Über 1.000? Verwirrung herrscht bei den Linkshändern unter Elektrikern und Mohnbauern. Sie fordern seit langem ergonomische Kaffeetassen und fühlen sich von Rechtshändern links und rechts liegengelassen, ja geradezu geohrfeigt. Da muß noch viel Basisarbeit geleistet werden.

Schwammig sind ferner die Einreisebedingungen an Europas Außengrenzen. Einzig geregelt ist nur dies: Einwanderer müssen einen Intelligenzquotienten von mindesten 42 Grad im Schatten haben, dazu ein Handgeld mit sich führen in Höhe von 17 Milliarden Dollar in gebrauchten, nicht fortlaufend numerierten Scheinen. Das reicht schon. Den Grenzübertritt beflügeln können auch nobelpreisverdächtige Doktorarbeiten in den Disziplinen Quantenmechanik, antike Joghurtkulturen und niederschwelliger Stachelbeeranbau.

Derweil wird der EVB die notwendige Parlamentsarbeit übernehmen. In Giovannis Pizzeria „Il Vesuvio gaio“ an der Rue Wiertz 60 in Brüssel werden die Gesetzestexte vorbereitet. Die Abgeordneten brauchen dann nur noch die Hand zu heben. Dabei wird kein Unterschied gemacht zwischen Links- und Rechtshändern.

Demnächst wird in jedem Haus ein Wahllokal eingerichtet

Die Europawahl hat es wieder gezeigt: Dort, wo mehrere Wahlen zusammengelegt wurden, lag die Wahlbeteiligung bei 99,8 Prozent. Das ist ein Wert, den selbst Erich Honnecker zu seinen Glanzzeiten nicht erreicht hatte. Politiker denken an eine Mehrwahlpflicht.

Denn die Ergebnisse in den europäischen Landstrichen, wo die Leute einzig ihre Stimme für die Europawahl abgeben sollten, sind niederschmetternd. In London ist nur ein einziger ins Wahllokal gegangen, im Kreis Pirmasens ganze 4,8 und auf Korfu gar keiner, da es eine Sturmwarnung gab und die Insel zeitweilig nicht erreichbar war.

Das soll sich ändern. Die wahllosen Politiker arbeiten mit Hochdruck an neuen Gesetzen und Bestimmungen. Griechenland bekommt eine Subventionsspritze von 5,8 Milliarden Drachmen, um eine Brücke zwischen Igoumenitsa und Korfu-Stadt zu bauen. Vor allem können wir uns auf ein neues Wahlrecht einstellen.

Überdurchschnittlich niedrig war die Wahlbeteiligung bei Europäern über 120 Jahre. Ihnen war der Weg an die Urne zu beschwerlich. Solange die europäische Alterspyramide so aussieht, wie ein zerfranster Tannenbaum mit Wasserkopf, wird nur noch alle 40 Jahre gewählt. Und in jedem Haus wird ein Wahllokal eingerichtet.

Zudem sollen Wahlen gebündelt werden. Weil Europa antike Wurzeln hat, ist das Symbol für die Brüsseler Initiative das altrömische Rutenbündel. Einige Kinder kennen das aus dem Lateinunterricht. Wenn es nach den Europapolitikern geht, werden wir nicht nur sie ins Brüsseler Parlament wählen, sondern gleichzeitig unsere Stimme abgeben für die schönsten Wahlversprechen, den Eurovision Song Contest (ESC) und die Vorstände der örtlichen Taubenzüchtervereinigen.

Verbunden werden die Wahlen mit einer Umfrage der „Gesellschaft für Sozialforschung“ (Forsa) nach dem nächsten Wahlsieger. Da die Forsa-Umfragen zu den genauesten gehören, werden die Wahlen danach abgeschafft. Das garantiert eine 100prozentige Beteiligung.

Google und Facebook kündigen Zusammenarbeit mit der NSA

Maßgebliche Wahrsager aus dem Allensbacher Institut für Meinungsforschung gehen davon aus, daß europakritischen Parteien bis zu 98 Prozent der Sitze in Brüssel einnehmen. Das wäre neu und würde starken Einfluß auf unsere Zukunft haben. Beispielsweise dürfen künftig alle Mitgliedsstaaten die Vorschriften über Krümmungsradien von Gurken und Autobahnauffahrten individuell auslegen.

Diese Entwicklung ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Internationale Union der Atheisten hat ihre Mitglieder aufgerufen, massenweise in irgendwelche Kirchen einzutreten und dort Ämter zu bekleiden. Wenn beispielsweise der neue Erzbischof von Köln von der Kanzel predige, Gott sei tot, habe das eine große Wirkung. Die sei viel größer, als wenn der Ortsverband „Atheisten gegen die Sperrung der Hauptstraße“ zehn Stände auf dem Wochenmarkt in Köln-Kalk aufstellte.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) schlägt vor, aufs Auto umzusteigen und Jagd zu machen auf Autofahrer, die aufs Rad steigen. Tiefseetaucher aus dem japanischen Graben melden sich reihenweise zum Weltraumtraining an, um zur Internationalen Raumstation (ISS) aufzusteigen. Und im Fegefeuer werden nur noch Leute aufgenommen, die im Tierkreiszeichen des Wassermanns geboren worden sind.

Überrascht waren die Experten über die Ankündigung von Google und Facebook: Man wolle die Zusammenarbeit mit der NSA kündigen und sammle von seinen Kunden keine Daten mehr.

Tretroller können atombombensicher unterkellert werden

Edmund Stoiber ist ein alter Fuchs; der Sprachfreund und Europapolitiker weiß, wo’s langgeht. In einer Fernsehrunde hat der CSU-Mann erzählt, viele Menschen kämen zu ihm, die Angst hätten, daß Fremde massenweise bei uns einfallen und unsere Sozialkassen plündern. Da haben die politischen Christen im Lande reagiert und wollen mit rustikalen Mitteln dagegen angehen. Ihre Parole zur Europawahl: „Wer betrügt, der fliegt!“ Besonderen Bedrohungen muß man eben mit besonderen Gesetzen begegnen. Das hat Tradition bei uns.

Herr Stoiber hat Glück, daß sich nicht 30 Prozent der Deutschen, knapp 27 Millionen, bei ihm gemeldet haben, die laut einer aktuellen Umfrage glauben, die weiße Rasse sei der dunkelhäutigen überlegen und besitze deswegen zu Recht Privilegien. Und wir wissen ja seit der Grundschule, daß auch höher entwickelte Tiere dazu neigen, unberechenbar zu handeln und beispielsweise an der Börse auf die Pleite von Kleinanlegern wetten. Das ruft Angst hervor, die bekanntlich die Seele aufißt.

Einige Probleme sehen weiße Christen voraus, den dunkelhäutigen Wissenschaftlern, Ingenieuren, Hausfrauen oder Mohrenköpfen zu erklären, warum künftige Gesetzgebung auf die Stimmungslage in der Bevölkerung Rücksicht nehmen muß. Man könnte die Dunklen beispielsweise enteignen und mit dem Geld die Hellen im Lande beschwichtigen. Staatstragende Juristen erwarten aber Probleme mit dem Europäischen Gerichtshof und haben in der Schweiz um juristischen Beistand ersucht.

Doch auch auf weniger spektakuläre Fälle muß die Politik reagieren, wenn Wähler in Sorge sind. Der Verband der Tretrollerfahrer (VdT) hat im Petitionsausschuß des bayrischen Landtages geklagt: 1,2 Prozent der Tretrollerfahrer bekämen im Mai einen Sonnenbrand, weil sie nicht angeschnallt seien. Das konnte keiner wissen.

Um diesem Mißstand zu begegenen, wird eine ganze Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht. Tretrollerfahrer dürfen künftig nur im Asbestanzug rollern, ferner gilt für sie im Mai wochentags ein Fahrverbot von 6 bis 20 Uhr. Und die Hersteller werden verpflichtet, Roller mit schußsicheren Frontscheiben auszuliefern, ferner mit Überrollbügeln und einer Filteranlage für Atemluft. Freigestellt ist den Herstellern, ob sie als Extra ihre Tretroller noch atombombensicher unterkellern möchten.

91 Prozent der Männer denken an sekundäre Geschlechtsmerkmale

Päpste kriegen oft Post. Manchmal ist auch was Pikantes dabei, und das kommt nicht vom Pizzadienst des Vatikans. Die letzte pikante Post kam von 26 Frauen. Sie beichten in einem offenen Brief: „Wir hatten oder haben eine Affäre mit einem Priester.“ Franziskus, der aktuelle Papst, hat sich daraufhin erinnert, daß er im Priesterseminar streckenweise mal an eine Frau gedacht hat.

Sophia Loren auch, aber etwas anders. Sie war nicht im päpstlichen Priesterseminar und hat auch nicht an eine Frau gedacht. Sie hat aber gestanden, mit Marcello Mastroianni ein Verhältnis gehabt zu haben, und zwar im Film „Die Frau des Priesters“. Dieses Geständnis hat viele Menschen berührt.

Der Vorstand des ADACs hat einen offenen Brief an Mercedes und BMW geschrieben. Nach einigen Heimlichtuereien rund um die Wahl der „beliebtesten Autos der Deutschen“, wo es zu Ungereimtheiten gekommen war, wolle man nun reinen Tisch machen. Fast alle Vorstandsmitglieder hätten, so die Formulierung, „schon mal an Autos gedacht“, einige seien sogar ein Besitzverhältnis mit Personenkraftwagen (Pkw) eingegangen. Das gelte auch für die meisten Clubmitglieder. Aus diesem Grund müsse das Zölibat abgeschafft werden.

Erschütternde Geständnisse sind auch aus den Reihen des Müttergenesungswerkes zu hören. Immer wieder werden Mütter in Pflegeheime eingewiesen, weil sie unentwegt an ihre Kinder gedacht haben. Bei einigen ist es so schlimm, daß sie nachts nicht mehr durchschlafen können, vor allem, nachdem die Kinder Zähne bekommen haben.

Die Geständniswelle hat einen einheitlichen Tenor; es gibt aber Irritationen. Bei einer Meinungsumfrage unter Playboy-Lesern kam heraus, daß etwa 91 Prozent unentwegt an sekundäre Geschlechtsmerkmale von Frauen denken, wenn sie die Zeitschrift aufschlagen. Die restlichen 98 Prozent denken zusätzlich noch an Fußball.

Babys werden nur mit Fernbedienung ausgeliefert

Kinder stören schon mal, vor allem Kleinkinder. Die haben Hunger und können noch nicht zu Aldi laufen, um sich Cerealien und ein Tetrapack Michschnitten zu kaufen. Dann fangen sie fürchterlich zu brüllen an. Danach kommt es teils zu bedauerlichen Zwischenfällen, über die Zeitungen gerne berichten.

Der Vater sitzt vorm Bildschirm und rottet gerade mit dem Joy-Stick eine Zivilisation aus. Kurz vorm Endsieg-Level hört er das Brüllen des Kindes. Gut zureden klappt nicht, das Kind kann noch kein Deutsch. Dann versucht der Vater es eben mit Körpersprache und rüttelt das Kind hin und her. Quasi aus Boshaftigkeit stirbt es, um sich am Vater zu rächen. Das hat irgend etwas mit Ödipus zu tun und geht auf einen Brauch im alten Griechenland zurück.

Oder die Mutter versucht, das erste Glas Doppelkorn einzuschenken. Das erfordert höchste Konzentration. Und dabei fängt das Kind an zu schreien. So was paßt nicht zusammen. Manche Mütter streben gütliche Lösungen an und bringen das Kind ins Nachbarzimmer oder in den Keller. Nach erfolgreichem Befüllen des ersten Glases vergessen Mütter vieles. Wenn sie das Kind nach ein paar Wochen wiederfinden, ist es hinterrücks verdurstet. Damit war nicht zu rechnen.

Es gibt Abhilfe. Der Schöpfer hat einiges nicht richtig hergestellt. Er hat nicht konsequent genug die Bauzeichnungen zu Ende gelesen. Doch wir können einspringen. Gen-Techniker züchten Embryos mit einer Bedien-Einheit. Über Bluetooth oder eine Infrarot-Schnittstelle kann man nach der Geburt die Babys fernsteuern: an/aus, laut/leise, mehr Höhen/mehr Bässe, in Farbe/schwarz-weiß, lachen/weinen, Windeln voll/- leer und vor allem: eine Stumm-Funktion (Mute).

Bereits im Mutterleib werden die neuen Babys ans Internet angeschlossen. Dann können sie am Vorschulprogramm der örtlichen Kinder-Krippe teilnehmen. Ausgeliefert werden sie nur noch mit Fernbedienung. Nach der Entlassung müssen Mütter noch zwei Babyzellen aus Alkali-Mangan kaufen. Wiederaufladbare Batterien werden jedoch empfohlen.

Straßenverkehrsämter lassen nur noch Menschen von 19 bis 49 zu

Derzeit wird unter Verkehrsexperten diskutiert, ob sich Greise von 50 Jahren an aufwärts entscheiden müssen: einschläfern lassen oder jährlich den Führerschein erneuern. Das hat einen Boom bei Sterbegeldversicherungen ausgelöst.

Alte Leute sind laut einer aktuellen Studie gefährlicher für den Straßenverkehr als junge Fahranfänger. Das will was heißen. Junge Fahranfänger rasen meist mit über 100 Sachen durch Spielstraßen, trinken Wodka und starren dabei ins Smartphone.

Greise Autofahrer brauchen das alles nicht zu tun, um auf die geforderte Unfallquote zu kommen. Sie setzen sich einfach ans Steuer, vergessen, was sie vorgehabt haben, und warten ab, bis der Rettungswagen kommt. Das spart Sprit. Umweltverbände haben schon viele Blaue Engel an verkalkte Autofahrer vergeben. Aber so was gerät schnell in Vergessenheit.

Ernstzunehmende Versicherungs-Experten haben sich in die hitzige Diskussion eingemischt. Sie weisen mit Nachdruck darauf hin, daß alte Leute schlechter hören, sehen, schmecken, riechen, bergsteigen, schwimmen, radfahren, reden und denken können. Statistisch verursachen sie dadurch immense Schäden, die die Solidargemeinschft tragen muß. Unmut ist da programmiert.

Ähnliches gilt auch für Neugeborene bis zu einem Alter von 18 Jahren. Auch hier sind Mängel statistisch belegt, was die Kosten für die Versicherungen unnötig in die Höhe treibt. Alles würde viel billiger, wenn Straßenverkehrsämter nur noch Menschen von 19 bis 49 zuließen.