Archiv für das Jahr 2016

Mehrwegflasche wird als zwei Öltänks wiedergeboren

Dienstag, 29. November 2016

Im Gegensatz zur Einbahnstraße ist die Mehrwegflasche ein Teufelskerl. Immer wenn wir sie leertrinken, macht sie sich auf den Weg und wird wieder voll. Das könnte immer so weitergehen, und wir täten gut daran, das zu würdigen. Aber es gibt erschreckende Zeichen: Laut einer Umfrage halbvoller Flaschenexperten kann jeder zweite Deutsche eine Mehrwegflasche nicht mehr von einer Einbahnflasche unterscheiden. Was ist bloß mit uns los?

Und was passiert mit der Mehrwegflasche? Landet sie in einer Einbahnstraße und findet nicht mehr raus, findet nicht mehr den Weg zum Befüller. Wird sie dann überhaupt noch für voll genommen? Schließlich werden wir dann auch nicht mehr voll, und das kann doch nicht der Sinn sein. Diese Fragen wird man ja noch mal stellen dürfen, ohne gleich von Sigmar Gabriel als Pack beschimpft zu werden.

Doch woher kommt nun die wachsende Ignoranz? Weitreichende Forschungen am Max-Punk-Institut für angewandtes Ein- bis Zweiwegwesen werden ergeben: Das System erneuten Befüllens von Flaschen ist ein Holzweg gewesen, wenn eine Flasche einmal leer ist, will sie nicht mehr. Sie ist des Vollseins überdrüssig und strebt nur noch nach Wiedergeburt in der Wiederverwertungsanlage. Vielleicht kommt sie wieder als zwei Öltanks zur Welt, als Mistkäfer oder als Teufelskerl.

Wellen des Jubels im Straßenbau und im Pflegedienst

Freitag, 11. November 2016

Die fünf Wirtschaftsweisen kommen im Gegensatz zu den drei Bibelweisen nicht aus dem Morgenland. Sie sind hellwach und keine verschnarchten Könige, die sich zudem noch in einen Stall verlaufen hatten, der mit Ochsen und Menschen bevölkert war. Was dabei rausgekommen ist, sehen wir ja.

Unsere fünf Wirtschaftsweisen (FWW) befassen sich infolge eines Gesetzes seit 1963 „wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands“ und erstellen jährlich ein Gutachten. Das hat es diesmal in sich. Die fünf sind nämlich unzufrieden und haben das auf 509 Seiten haarklein beschrieben. Im Kern geht es um Reformen. Und das im Lutherjahr. Kein Wunder also.

Was läuft nun falsch im Staate Deutschland? Ganz klar: Der Mindestlohn katapultiert unser Land ins ökonomische Mittelalter mit Warentausch und Fronarbeit, also ein erzkommunistischer Anschlag auf unser Recht auf freie Autowahl. Und dann natürlich noch die Rentenerhöhung. Das geht ja gar nicht: alten Leuten Geld in die Hand geben, nur weil sie ihr ganzes Leben gearbeitet haben. Warum sind die auch nicht reich geworden? Oder haben im Lotto gespielt? Selber Schuld.

Um dem Elend zu entkommen, setzen die fünf Weisen auf erfolgreiche und seit Jahrhunderten bewährte Vorgehensweisen: weniger Steuern für die Reichen, das heißt „steuerliche Anreize“, und mehr Arbeit für alle bei weniger Verdienst. Dazu soll das Rentenalter erhöht werden, was vor allem im Straßenbau und im Pflegedienst Wellen des Jubels ausgelöst hat.

Darf man noch sein iPhone bitten, nach dem Kühlwasser zu schauen?

Freitag, 11. November 2016

Das wird ein schwieriges Gesetz, wenn das Handy-Verbot fürs Auto erweitert und neu formuliert wird, so daß auch Tablet-Computer eingeschlossen sind. Was darf man mit den Dingern im Auto eigentlich noch machen? Darf man den Weinkeller von iPhones nutzen oder den Hubschrauberlandeplatz? Diese modernen Geräte haben ja einen ungeheuren Funktionsumfang. Mit einigen kann man sogar telefonieren, was heute schon verboten ist.

Aber das ist umstritten. Der „Landesverband meckelburg-vorpommerscher Seelsorger mit Programmiererfahrung (MVSP)“ moniert, man dürfe bei diesem Verbot ja auch keinen Trost mehr aussprechen, wenn sich das Tablet-Navi wieder mal verfahren hat, es schmollend in der iEcke sitzt oder es sonstwie schlecht gelaunt ist.

Wenn wir das nicht mehr machen können, ist die öffentliche Sicherheit kaum noch zu garantieren, und die Bundeswehr muß einspringen, die GSG 9 und berittene Polizeistaffeln. Das kann doch nicht der Sinn sein! Und was ist mit Stau? Darf man dann sein Handgerät bitten, nach dem Kühlwasser zu sehen, den Kindern ein Schlaflied zu singen oder Bier zu holen. Und wann überschreiten wir den Zustand vom fließenden Verkehr zum eher ruhenden Stau? Was dann? Das sind Fragen mit Grundsatzqualität.

Dieses Gesetz wird auch noch eine philosophische Dimension bekommen. Ist nicht vielmehr alles Statik, und ein dynamisch daherfahrender Porsche 911er – selbst bei einem Tempo in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit – ist nur die Summe von statischen Zuständen, die lediglich räumlich etwas voneinander abweichen? Das haben sich unsere Herren Minister sicher nicht überlegt, als sie sich mit dem neuen Gesetz so weit aus dem Fenster gelehnt haben. Dürfen die dabei überhaupt sprechen!? Das könnte gefährlich werden. Eine kleine Unachtsamkeit … und schwupps: Ist man aus dem Fenster gefallen, und die hinterbliebenen iPhones brauchen zum Trost einen Seelsorger.

Ganzkörpermasken gehören beim Karneval zum guten Ton. Die CSU will sie verbieten

Samstag, 20. August 2016

Christo, der Mann mit nur einem Namen, ist damit weltberühmt geworden. Andererseits stößt das Verhüllen heutzutage auf erbitterten Widerstand. Die CSU und Teile ihrer Schwesterpartei möchten gerne verhindern, daß jemand in Deutschland verhüllt rumläuft. Das würde die Grundfesten unserer Republik erschüttern, wenn nicht gar zum Einsturz bringen. Außerdem meint ein Joachim Herrmann, Verhülltes sei ein Fremdkörper in diesem Land. Und Fremdes wird ja seit jeher gerne ausgemerzt. Der Staatsanwalt sollte sich mal um Christo kümmern.

Recherchen der SPD werden allerdings ergeben, daß ein Verbot gar nicht lustige Folgen für den Karneval hat, da Ganzkörpermasken dabei zum guten Ton gehören. Da ist was dran, aber auf Narren wird einfach nicht gehört. Viel lieber schauen alle auf diejenigen, die an unseren Fundamenten sägen. Zum Beispiel das Verpackungswesen. Es versteckt seit jeher was, teils vor unseren Augen.

Könnte nicht in einer harmlos daherkommenden Pralinenschachtel sorgfältig gewürfelter Plastiksprengstoff schlummern, sogar mit einer anschaulichen Bedienungsanleitung? Auch neigen manche Ärzte dazu, ihr Gesicht zu vermummen. Dabei hantieren sie oft mit rasiermesserscharfen Klingen, ein klarer Fall für die Ermittlungsbehörden. Ganz übel treiben es Feuerwehrleute. Sie brechen unter nebulösen Umständen mit Äxten in fremde Wohnungen ein und sind wild entschlossen. Jeder Kriminalist wird sofort das Täterprofil eines Terroristen entwerfen.

Zum Oktoberfest auf der Theresienwiese kommen nur Nackte

Freitag, 19. August 2016

Tausende sitzen zu Hause und haben Angst. Einige davon sitzen auch noch im Münchener Stadtparlament. Sie hatten eine Aufgabe: das Oktoberfest vor Terroristen zu schützen. Das haben sie versucht. Aber reichen Drahtzäune und Personenkontrollen am Eingang? Erfahrene Terroristen warnen: Das reiche nicht. Wie einfach es doch sei, eine kleine, unscheinbare Bombe ins Zentrum des organisierten Biertrinkens zu bringen!

Führende Bombenexperten raten deswegen, konsequenter vorzugehen. Um völlig sicherzugehen, müßte man die Theresienwiese komplett mit meterdickem Beton überbauen, ähnlich Brennstäben in Atomkraftwerken. Außerdem dürfe man keine bekleideten Leute an die Trinkstätten ranlassen. Also: Nur Nackte kommen rein. Aber da gibt’s immer noch Unwägbarkeiten. Wie leicht können Nackte mit überschaubarem Körpereinsatz etwa Panzerfäuste, Boden-Boden-Raketen oder Streitäxte in die Mitte der Schunkelnden transportieren!? Und dann hat man den Salat, auch an fleischlastigen Imbißbuden.

Deswegen gehört zu einem guten Sicherheitsgefühl eine anständige Darmspiegelung vor den Eingängen. Damit wäre eine weitere Gefahrenquelle ausgeschlossen. Wirkliche Sicherheit ist aber nur durch flächendeckendes Magenauspumpen zu erreichen. Den Inhalt könnte man in Tankwagen sammeln und an Biogasanlagen verkaufen, was sich sicherlich auf den Bierpreis auswirkt. Ein Rest von Gefahr bleibt jedoch. Der Deutsche Chirurgenverband hat deswegen angeboten, stichprobenartig Operationen in Bierzelten vorzunehmen. Damit wäre sicherlich ausgeschlossen, daß Massenvernichtungswaffen zwischen Leber und Milz aufs Festgelände geschmuggelt würden.

Leben kann Ihnen oder Ihrer Umwelt Schaden zufügen. Und es endet tödlich

Donnerstag, 18. August

Pathologen hatten sich schon lange darauf gefreut, jetzt können wir endlich auf Zigarettenschachteln farbenfrohe Bildchen von kranken Organen betrachten, manchmal ist sogar ein Gesicht zu sehen. Die Fotos tauchen sonst nur in Lehrbüchern auf. Damit erfüllt die Bundesregierung einen wertvollen Bildungsauftrag. Da wundert es nicht, wenn namhafte Firmen einsteigen wollen und Sammelalben vorbereiten, wo man Abbildungen von Abszessen, Geschwüren, Wucherungen und anderen Eitrigkeiten bündeln kann. Warum soll man nur Fußballspieler oder Panzer sammeln?

Ob das ein Trend ist, kann man nur mutmaßen. Erfahrene Kaffeesatzleser vom Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) haben ein Barometer in den Dunstkreis von Wirtschaftskapitänen gehalten – und siehe da: Die Stimmung ist gut, alles im Lot auffem Boot. 98 Prozent sehen das Modell „Ekelbildchen“ als Erfolgsmodel. Der Dax ist daraufhin auf Baumhöhe gestiegen. Wir können uns auf einen weiteren Bilderberg freuen.

Die Autoindustrie ist mal wieder ganz vorne. Nach unbestätigten Gerüchten plant Volkswagen, Bilder aus dem Innenleben von Feinstaubopfern auf Motorhauben lackieren zu lassen, wahlweise welche von Auffahrunfällen. Die Fleischindustrie läßt sich nicht lumpen und möchte spannende Schnappschüsse aus Mastbetrieben auf die Packungen im Kühlregal drucken lassen.

Noch konsequenter reagieren die einschlägigen Stellen für alle Sachfragen rund ums Leben. Wie aus wohlinformierten Kreisen durchgesickert ist, setzen sich Kirchen und Bestatterverbände vehement dafür ein, allen Babys in Zierschrift auf den Unterarm tätowieren zu lassen: Das Leben kann der Umwelt Schaden zufügen. Und es endet tödlich.

Arbeit an Drehbänken führt auf Autobahnen zu Aufmerksamkeitsverlusten

Mittwoch, 17. August 2016

Die Verkehrsminister aller Länder verlangen, das Handyverbot in der Straßenverkehrsordnung „allgemeiner“ zu formulieren. Das finden wir ziemlich gut. Sieht nicht etwa ein gemeines Doppelbett in etwa so wie ein Handy aus? Der Dobrindt wird das auch unterschreiben. Und was kann nicht alles passieren, wenn man mit einem Doppelbett telefoniert!?

Ausgenommen sind natürlich Klapphandys. Die sehen erst mal überhaupt nicht aus wie Handys, sonst hießen sie auch so. Man muß sie zunächst aufklappen und kann dann erst darin schlafen. Das ist völlig ungefährlich, weil man im Schlaf nicht mit seiner Frau oder Geliebten telefonieren kann, selbst wenn man das Steuerrad in der Hand hält.

Auch der „ADAC“ jubelt: So eine Anpassung an die Realitäten der digitalen Welt sei richtig, sagte ein Sprecher des Clubs. Da atmen alle auf. Wer während der Fahrt versucht, mit Konrad Zuses Z3 eine verschlüsselte Brieftaube loszuschicken, die etwa nach dem Abendessen fragt oder den Börsenkursen, wird künftig aufs Heftigste bestraft, und die Taube wird auch noch geblendet.

Noch nicht zerspante Eisen-Experten haben ferner festgestellt, dass das Arbeiten an einer CNC-Drehbank besonders auf Autobahnen bei Tempo 120 zu starken Aufmerksamkeitsverlusten führt und man keine Parkplatzauffahrt mehr findet, auch wenn die Blase noch so drängelt. Bei einem Tempo knapp unterhalb der Schallmauer entspricht das dem Blindflug einer geblendeten Taube von zweifacher Lichtgeschwindigkeit.

Verschleppen von Nikolausen verstößt gegen Genfer Konvention von 1929

Donnerstag, 14. Juli 2016

Die Frage ist was für jeden Tag: Welchen Tag feiern wie heute überhaupt? Heute ist beispielsweise überhaupt kein Tag von Irgendwas. Das ist schade. Man könnte heute den Tag von Peterchens Mondfahrt feiern. Das war bekanntlich der Beginn der modernen Raumfahrt. Auch schön wäre es, wenn wir heute den Tag feierten, als Conny Kramer, ein enger Freund von Juliane Werding, endlich sterben konnte.

Aber demnächst müssen  wir wieder richtige Tage feiern. Am letzten Sonntag im Juli etwa findet der Weltrohkosttag statt. Dem Gleichgewicht zuliebe sollte man an dem Tag etwa an das Nackenkotett denken oder überlegen, ob nicht der Schweinebauch bislang viel zu kurz gekommen ist. Oder der 2. August. Dann steigt das Fest der Niederlegung von Muttergottesgewändern.

Und was ist am 24. Dezember los? Dann feiern wird den Tag des Heiligen Abends, wobei weitere Fragen erlaubt seien müssen: Kann man am Tag einen Abend feiern? Dauert ein Tag nicht viel zu lange für einen einzigen Abend? Müßten es nicht zwei oder gar drei Abende sein, damit sich der Tag auch ausgefüllt genug vorkommt?

Keine Frage wirft der 6. Dezember auf. Wir feiern den Tag des Nikolauses. Der wird von der Vatikan-Vertretung des Brauseherstellers „Coca Cola“ auf europäischen Kirchendecken meist so korpulent dargestellt, daß er einen solchen Tag locker ausfüllen sollte.

Und wem Zweifel kommen, dem sei gesagt: Es gibt ja nicht nur einen einzigen Nikolaus. Die Menschenhändler von Aldi, Lidl, Rewe und Co. verschleppen zwischen August und Dezember mehrere Milliarden Exemplare – meist aus Schokolade – in die Auslagen ihrer Handelsstationen. Das verstößt eindeutig gegen die Genfer Konvention von 1929.

Ebenso zweifellos ist der 1. Januar. Das ist der Tag des neuen Jahres. Das hat Papst Gregor vor Hunderten von Jahren mit seinem gleichnamigen Kalender sehr schön hingekriegt. Qualität setzt sich eben durch: Das Jahr fängt immer an einem ersten an. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Obwohl: Den meisten steckt der 31. noch in den Knochen – ein trauriger Anlaß zwar, aber Abschied kann man auch feiern.

Ist der Tag überhaupt was für eine Nacht?

Mittwoch, 22. Juni

Man fragt sich, ob der internationale „Tag der Lebensmittelallergie“ am 21. Juni überall so bekannt ist, wie er vorgibt. Zum Beispiel im Hinterland von Burkina Faso oder an der Bahnhofstraße in Monaco. Das ist auch kein Wunder. Denn an diesem Tag wird auch noch der „Tag des Schlafes“ gefeiert. Viele haben den Allergietag schlicht verpennt – oder zuviel Ommm gemacht, weil auch noch Weltjogatag war.

Heute beispielsweise ist zwar ein Tag, aber meines Wissens noch kein Tag, an dem man an irgend etwas denken sollte. Das gibt Gelegenheit, über einen neuen weltweiten Tag des Irgendwas nachzudenken. Vielleicht sollte der 22. Juni der Tag des Tages werden. Also ein Tag, an dem man besonders angehalten ist, an den Tag zu denken. Das klingt zunächst ein wenig alltäglich, aber würdigen wir denn den Tag an anderen Allerweltstagen überhaupt genug? Muß er sich nicht vielmehr vernachlässigt vorkommen: tagein, tagaus einfach nur so vergehen, ohne daß sich irgend ein Schwein um ihn kümmert?

Das wirft natürlich Fragen auf: Was ist mit den Stunden? Brauchen die nicht auch noch einen Tag? Oder die Nacht. Sie steht meist im Schatten des Tages. Ein „Tag der Nacht“? Aber ist der Tag überhaupt was für eine Nacht? An Minuten und Sekunden möchte man gar nicht denken. Das würde das Thema nur unnötig zerfasern.

Deswegen lohnt auch heute schon ein Bick auf die morgigen Tage. Der 23. Juni ist der „Tag der Architektur“, was naturgemäß bei den Nomaden dieser Welt auf taube Ohren und verschlossene Zelte stößt. Und übermorgen ist der „Tag des offenen Hofes“, der auch nur eine begrenzte Reichweite hat, selbst wenn da irgend etwas allen offensteht. Das gilt auf keinen Fall für den 11. Juli. Dann ist „Weltbevölkerungstag der UNO“. Dann denkt die UNO einen Tag lang an die Bevölkerung der Welt.

Nach dem letzten Tabu kommt die Wiedergeburt von Hans-Joachim Kulenkampff

Mittwoch, 4. Mai 2016

Eigentlich haben wir keine Tabus mehr. Wir sind offen und frei über – sagen wir mal so brisante Dinge zu debattieren wie „Abwasch zu Hause: er oder sie?“ oder gar über „Sonnenaufgang: jeden Tag oder nur donnerstags?“ In aufgeklärten Gesellschaften wird deswegen nicht gleich der Heilige Krieg ausgerufen oder die Redaktion von RTL2 eingeschaltet.

Ausgerechnet Frauen hüten noch eins der letzten Geheimnisse dieses Jahrtausends. Es sind nicht etwa Details der sogenannten unbefleckten Empfängnis. Dazu ist in den ersten beiden Jahrtausenden schon ausreichend gesprochen worden. Die britischen Tennisspielerin Heather Watson hat uns dankenswerterweise aufgeklärt. Im britischen Fernsehen antwortete sie beiläufig auf die Frage, warum sie so schlecht gespielt habe: „Es war eben einer dieser Tage bei mir, diese Frauen-Sache.“ Das konnte doch wirklich keiner ahnen.

Seitdem wird weltweit über „Frauen-Sachen“ geredet. Öffentliche Stimmen geben sich erstaunt: Frauen haben wirklich Sachen? Die Sache ist ein Tabu-Bruch, ja, es ist der Tabu-Bruch schlechthin, vor dem es keine wirklichen Tabu-Brüche jemals gegeben hat. Vor allem Frauen sind sichtlich erleichtert. Zum Beispiel Annabel Croft, eine bislang noch nicht straffällig gewordene Tennisspielerin aus den 80er Jahren. Sie hat solange „Endlich hat es mal jemand von uns ausgesprochen!“ gerufen, bis es ein Journalist gehört und ausgeplaudert hat.

Die Studienlage über „Frauen-Sachen im Hochleistungssport“ ist ausgesprochen dünn. Das hat die Sportmedizinerin Petra Platen aber nicht gehindert zu forschen. Sie hat rausgekriegt: Frauen-Sachen mindern die Leistungsfähigkeit – vor allem bei Frauen. Nun ist wirklich alles gesagt. Allerdings nicht in den Tabu-Ministerien der aufgeklärten Welt. Die bange Frage lautet: Gibt es noch ein letztes Tabu? Und wenn ja, wie heißt das allerletzte? Und was kommt dann? Etwa wieder ein Urknall? Oder die Wiedergeburt von Hans-Joachim Kulenkampff?