Beim sogenannten NSU-Prozeß ist kein Ende in Sicht. Und auch sonst scheint alles sehr merkwürdig. Das fängt mit dem Namen an. Was hat der einst größte Motorradhersteller der Welt aus Nekarsulm, NSU, mit dem nationalsozialistischen Untergrund, NSU, zu tun? Waren bei der Flucht des Mördertrios aus der ehemaligen Ostzone etwa Zweiräder im Spiel?
Zum ersten Mal fielen die Vorgänge um die Überlebende – eine Beate – auf, als das Gericht die Plätze für Pesseleute verlost hat. Aber Fortuna war nicht blind. Immerhin konnten Journalisten von meinungsbildenden Organen teilnehmen wie der vierteljährlich erscheinden Fachzeitschrift des Fleischerhandwerks oder der Illustrierten „Frau ins Heim“.
Der Druck der öffentlichen Diskussion konnte gerade noch verhindern, daß sich die Fernsehlotterie angeschaltet hat mit dem Ziel, eine große Abendshow zu produzieren, Titel: „Einer wird verurteilt“ mit Tanzeinlagen von Verfassungsschützern im Trenchcoat. Offenbar ist die Zeit noch nicht reif für Showelemente rund um Gerichtsprozesse. Bei den privaten Sendeanstalten liegen allerdings schon wegweisende Konzepte in den Schubladen: Richter-Castings, Deutschland sucht den Super-Anwalt (DSSA), Abnehmen mit Gefängnis-Kost, Staatsanwalt sucht Frau, Nazis bei Salesch, alle Gerichte auch zum Mitnehmen und so weiter.
Anderweitig arbeiten Kreative ebenfalls am Thema. Panini überlegt, ob es eine Sammelbild-Reihe herausgeben soll mit den Köpfen der beliebtesten Serienmörder oder gar ein Karten-Quartett, bei dem man Schwerverbrecher aus der Vergangenheit mit ihren Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern zusammenbringen muß. Das eigentlich Erstaunliche an dem Prozeß jedoch ist was ganz anderes. Je länger er dauert, desto häufiger werden Neo-Nazis als V-Leute des Verfassungsschutzes enttarnt.
Führende Staatsrechtler und Historiker gehen mittlerweile davon aus, daß die komplette Faschisten-Bewegung der Nachkriegszeit vom deutschen Verfassungsschutz inszeniert worden ist. Deshalb konnte man sie auch nie wirksam bekämpfen, der Staat hätte sich dann ja selber verboten. Das geht nicht. Bei der KPD damals war es viel einfacher. Adenauer wurde in den 50ern nach Amerika zitiert und schwupps: KPD ade.
Jetzt stellt sich die Frage, warum denn bloß die moderne Nazi-Bewegung aus lauter V-Leuten besteht? Die Antwort ist einfach: Dem Verfassungsschutz ist’s langweilig. Die RAF ist tot, und Sahra Wagenknecht will so recht keine staatszersetzenden Parolen ausgeben, weder im Geheimen noch im Parlament. Dann bleibt nur noch das Akten-Wettschreddern oder eben ein Erlebnis-Ausgang im Dauersuff mit Parolengrölen und Ausländerkloppen abends an der Bushalte.
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